Energiespar-Projekt im Prinz-Eugen-Park: Tipps für Wohnungseigentümer*innen
03.02.2025 I Thomas Hirt setzt sich im Münchner Quartier Prinz-Eugen-Park für Energiesparen und Nachhaltigkeit ein. Im Interview erzählt er, welche Maßnahmen er schon erfolgreich umsetzen konnte und welche Tipps er für andere Wohnungseigentürmer*innen und WEGs hat.
Luftbild des Quartiers Prinz-Eugen-Park
Foto: LHM, Geodaten Service
Das Quartier Prinz-Eugen-Park
Das Quartier ist auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne im Stadtteil München-Oberföhring entstanden. Im Westen wird es von der Cosimastraße begrenzt.
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Münchner Wohnen hatte sich mit Genossenschaften, Baugemeinschaften und freien Bauträgern zu einem Konsortium zusammengeschlossen und auf dem Areal Wohnanlagen und soziale Einrichtungen errichtet. 50 Prozent der Wohnungen sind im geförderten Wohnungsbau entstanden. 2019 wurden die ersten Wohnungen bezogen. Der letzte Neubau wurde 2021 fertiggestellt.
Im Quartier befinden sich etwa 1.800 Wohnungen für knapp 5.000 Menschen. Fast 600 Wohnungen sind Teil einer ökologischen Mustersiedlung in Holzbauweise, zu der auch das Baufeld „Gemeinsam größer II“ von Thomas Hirt gehört.
Biotope, alte Bäume und Wiesen verleihen dem Gelände einen parkähnlichen Charakter. Das Zentrum des neuen Wohngebiets bildet ein lebendiger Quartiersplatz mit Läden und Gastronomie.
Der Energieoptimierer: Thomas Hirt
Thomas Hirt hat eine Ausbildung zum Schlosser und ein Maschinenbau-Studium absolviert. Beruflich ist er Prozessoptimierer in einem Digital-Startup, hat früher aber auch schon Bauprojekte betreut und dafür Energiekonzepte erstellt und umgesetzt, sowie als Lean Manager gearbeitet.
Seit 2019 wohnt er mit seiner Frau, zwei kleinen Kindern und einem Hund in einer Wohnanlage im Prinz-Eugen-Park, die er in der Baugemeinschaft „Gemeinsam größer II“ mit 38 anderen Familien gemeinsam geplant und errichtet hat. Dort ist er auch Verwaltungsbeirat in der Wohnungs-Eigentümergemeinschaft (WEG). Die Anlage besteht aus zwei fünfstöckigen Punkthäusern im Süden und 12 zweitstöckigen Atriumhäusern mit Holzfassaden und begrünten Dächern rund um einen Innenhof.
Zusammen mit einem Nachbarn hat Thomas Hirt eine Energie-Arbeitsgruppe gegründet, um den Energieverbrauch der Anlage unter die Lupe zu nehmen und zu verbessern. Viele Sparmaßnahmen hat er schon erfolgreich umgesetzt. Doch am liebsten würde er das ganze Quartier in ein Modellprojekt für nachhaltiges, energieeffizientes Wohnen verwandeln.
Thomas Hirt gibt seine Erfahrungen gern weiter. Interessierte WEGs können sich per E-Mail an ihn wenden: thomas.hirt.energie@gmx.de
Thomas Hirt vor der Heizungsanlage seiner WEG
Foto: privat
Interview
Herr Hirt, warum haben Sie sich dem Energiesparen verschrieben?
Mir liegen Nachhaltigkeit und Effizienz sehr am Herzen. Zudem hatte ich schon Erfahrung mit dem Thema: Bei einem früheren Arbeitgeber habe ich für einige Jahre Bauprojekte betreut und in diesem Zusammenhang auch das Energiemanagement entwickelt. Dabei habe ich meine Liebe zur Energieoptimierung und zum Verbrauchstracking entdeckt. Jetzt hier bei uns in der Anlage kann ich mich da hineinstürzen, es gibt viel zu tun und das macht mir Spaß.
Was gibt es denn alles zu tun?
Nach dem Einzug habe ich mich gewundert, dass der Verbrauch von Allgemeinstrom in der Anlage relativ hoch war. Dem wollte ich auf den Grund gehen und den Verbrauch optimieren. Gemeinsam mit einem Nachbarn habe ich angefangen zu analysieren und die Energie-AG gegründet.
Wir haben die Grundeinstellungen der Technik durchleuchtet und herausgefunden, wo besonders viel Strom verbraucht wird. Teilweise haben wir dann ganz einfache Anpassungen gemacht. In meiner Arbeit nennen wir das das KISS-Prinzip: Keep it simple and stupid. Das bedeutet, dass man zunächst einfache, effektive Maßnahmen umsetzt, bei denen man mit 20 Prozent des Aufwands 80 Prozent des Nutzens erreichen kann.
Ein Teil der Wohnanlage „Gemeinsam größer II“ von Thomas Hirt.
Foto: Andreas Knoblauch
Welche Maßnahmen waren das konkret?
Der Bewegungsmelder in der Tiefgarage hatte zehn Minuten Nachlauf, das Licht war also noch lange an, nachdem das Auto schon rausgefahren war. Das haben wir verkürzt, ebenso den Nachlauf der Bewegungsmelder in den Treppenhäusern.
Dann haben wir unsere Heizungsanlage analysiert und herausgefunden, dass es zu viele Schaltungen gab und die Rücklauftemperatur des Fernwärmeanschlusses viel zu hoch eingestellt war. Die Planer hatten uns die Anlage theoretisch geplant, gebaut und fertig. Ob diese dann optimal läuft, war den Planern und der ausführenden Firma erst mal egal. Daher haben wir das selbst optimiert und uns einen Onlinezugang eingerichtet, um das System live verfolgen und früher auf Störungen reagieren zu können. Zudem haben wir die Anschlussleistung der Fernwärme auf den Bedarf angepasst. Das bringt ein Win Win Win: für uns, für die SWM, die eine möglichst geringe Rücklauftemperatur brauchen, und für die Umwelt.
Im Müllraum haben wir neben der natürlichen Lüftung noch eine elektrische Unterstützung, die lief anfangs 365 Tage nonstop mit hohem Stromverbrauch. Wir haben testweise im Winter die Lüftung abgestellt und geschaut, ob das ohne Geruchsbelästigung funktioniert. Es gab keinen Unterschied, daher haben wir das beibehalten.
Wie besprechen Sie neue Ideen innerhalb der WEG?
Dadurch, dass wir eine Baugemeinschaft sind, kannten wir uns schon drei Jahre, bevor wir eingezogen sind. Damit ist die Situation anders als vielleicht in anderen Nachbarschaften: Alle kennen sich gut und sind in ständigem Austausch.
Wir haben eine gemeinsame Chat-Gruppe, einen E-Mailverteiler und Nachbarschaftstreffs. Dort stimmen wir Ideen ab und holen uns Feedback ein. Dadurch, dass wir uns alle kennen, funktioniert das relativ einfach. Wir sind eine gut funktionierende Gemeinschaft, in der man Dinge ausprobieren und vorantreiben kann.
Es braucht also nicht viel Überzeugungsarbeit, um die Nachbarschaft mitzunehmen?
Bisher haben wir die Maßnahmen zentral umgesetzt, die Nachbarinnen und Nachbarn mussten also nicht einzeln aktiv werden.
Ein schwierigeres Thema war aber die Innenhofbeleuchtung: Die ursprüngliche Flutlicht-Beleuchtung der Architekten hat den Hof nachts taghell gemacht. Die wollten wir dimmen, um Strom zu sparen und die Lichtverschmutzung der Umwelt zu reduzieren. Wir haben punktuell Beleuchtungen angepasst, insgesamt gedimmt und nach Tageszeit reguliert. Helligkeit ist Sicherheit, daher war das schwierig unter einen Hut zu bekommen. Es war wichtig, die Leute abzuholen und miteinander zu sprechen. Wir sind auf einen richtig guten Kompromiss gekommen und sparen trotzdem sehr viel ein. Jetzt wird die Beleuchtungsstärke in der Nacht stufenweise auf 2 Prozent gedimmt. Das hört sich nach stockfinster an, aber nachts reicht es für die Orientierung.
Die Hofbeleuchtung bei Nacht: Links auf 2 Prozent gedimmt, rechts bei 100 Prozent.
Foto: Thomas Hirt
Wie viel Energie konnten Sie mit den bisherigen Maßnahmen einsparen?
Beim Allgemeinstrom haben wir bisher eine Gesamteinsparung von circa 30 Prozent erreicht, das entspricht circa 7.000 kWh jährlich und damit etwa 2.500 Euro. Durch die Optimierung der Heizungsanlage und die Senkung der Fernwärmefixkosten konnten wir für unsere Baugemeinschaft weitere circa 5.000 Euro einsparen. Inzwischen bekommen wir auch unsere monatlichen Verbräuche von Heizung und Wasser über eine App. Hier kann dann auch jeder einzeln reinschauen und gegensteuern.
Und – das bezieht sich jetzt nicht auf den Energieverbrauch, aber auf das Thema Nachhaltigkeit – wir haben durch bessere Mülltrennung die Zahl der Restmülltonnen von vier auf zwei halbiert, was weitere 5.000 Euro jährlich einspart.
Insgesamt konnten wir bisher circa 12.500 Euro Fixkosten jährlich einsparen, das entspricht circa 320 Euro jährlich pro Partei.
Welche weiteren Energiesparmaßnahmen haben Sie in Planung?
Wir möchten die Heizungsanlage noch weiter optimieren, um einen gleichmäßigeren Verbrauch und eine zuverlässig niedrige Rücklauftemperatur der Fernwärme zu erreichen.
Mit den SWM sind wir in Kontakt wegen eines flexiblen Stromtarifs und smarten Stromzählern, erstmal für den Allgemeinstrom und das Laden von E-Autos.
Wir prüfen, ob die Bewegungsmelder im Treppenhaus das Licht je Stockwerk steuern können, statt sechs Etagen gleichzeitig zu beleuchten, und ob wir auch Bewegungsmelder für die Außenbeleuchtung installieren können.
Und als es letzten Sommer so warm war, hat eine Nachbarin das Thema Fernkälte aufgeworfen, da möchte ich mal nachbohren. Denn eine zentrale Versorgung fände ich besser, als wenn jeder seine eigene Klimaanlage hat. Dafür könnten wir Brunnenwasser des vorhandenen Brunnens nutzen, das muss jedoch mit der Stadt geklärt werden.
Planen Sie auch PV-Anlagen auf Ihren Dächern in der WEG?
Das ist ein großes Thema, bei uns aber leider schwierig. Wir prüfen das gerade. Unsere Dächer sind verschachtelt, begrünt und haben unterschiedliche Höhen. Daher waren die Architekten beim Bau davon abgerückt.
Bezieht Ihre WEG Ökostrom?
Der Allgemeinstrom ist Ökostrom und die meisten Parteien beziehen auch Ökostrom. Außerdem sind etwa 20 Prozent der Autos in der WEG E-Autos. Diese werden nicht über private Anschlüsse geladen, sondern über den Allgemeinstrom und dann einzeln abgerechnet.
Wenn Sie Änderungen angestoßen haben, betraf das nur Ihr Baufeld bzw. Ihre WEG oder ging das auch darüber hinaus ins ganze Quartier?
Bisher sind die Maßnahmen noch auf unser Baufeld beschränkt. Innerhalb des Quartiers gibt es eine Quartiersverwaltung mit Quartiersräten, das ist wie ein Stadtrat mit Bürgerbeteiligung. Dort gibt es regelmäßige Treffen. Ich habe fürs Quartier einen Arbeitskreis Energie gegründet, um das Thema in die Breite zu tragen, hier arbeiten wir mit etwa 15 Nachbarinnen und Nachbarn. Dort können wir unsere Erkenntnisse weitergeben, Multiplikationseffekte erreichen und gemeinsam weitere Best Practice-Projekte starten.
Wieviel Zeit investieren Sie in Ihre Energie-AG?
Pro Woche wende ich ein bis zwei Stunden auf, im Durchschnitt. Manchmal ist es deutlich mehr, dann auch mal eine Woche gar nichts.
Hätten Sie die Optimierungen auch ohne die Erfahrung aus ihrem Job hingekriegt?
Meine Erfahrungen in der Prozessoptimierung und im Lean Management helfen mir natürlich schon sehr. Aber mit einer kleinen Anleitung bekommt es wahrscheinlich jeder hin, die einfacheren Maßnahmen umzusetzen. Eine meiner Lebenserfahrungen ist „Hilfe zur Selbsthilfe". Es muss sich nicht jeder alles selbst erarbeiten, wir wollen unsere Erfahrungen und Tipps weitergeben.
Welche Tipps haben Sie für andere WEGs, die ähnliche Ideen haben und sie umsetzen möchten?
Oft sind die Anpassungen nicht komplex. Wenn wir jetzt an die Optimierung der Fernwärme rangehen, da geht es natürlich ans Eingemachte. Aber es gibt auch ganz viele einfache Sachen, die man verbessern kann.
Uns hätte es geholfen, wenn wir gewusst hätten, wo die Hauptverbraucher sind. Das macht die Optimierung viel einfacher. Beim Bau hatte unser Planer gesagt, wir bräuchten keine Einzelzähler für die Geräte der Haustechnik, also z. B. die Heizung. Daher wussten wir anfangs nicht, wo der Strom hingeht. Darauf sollte man schon bei der Planung achten.
Ich überlege gerade, ob wir eine Checkliste für WEGs erstellen könnten, mit unseren gesamten Erkenntnissen zu Bewegungsmeldern, Licht im Treppenhaus, Lüftungsgeräten etc.
Falls andere Baugemeinschaften oder Wohnprojekte Fragen haben, können sie sich gerne an mich wenden: thomas.hirt.energie@gmx.de
Lassen Sie uns zum Abschluss ein bisschen träumen: Was wäre Ihre Vision für das ganze Quartier, welche Ideen würden Sie gerne umsetzen?
Ich wünschte, ich hätte die Ressourcen, zeitlich und finanziell, dass ich alle Baufelder hier im Quartier so unterstützen könnte wie unsere Baugemeinschaft. In vielen Baufeldern wird sonst nichts passieren. Ich sehe ein riesiges Potenzial für die Nachbarschaft und auch für die Natur. Wir können es uns nicht leisten, das Thema Nachhaltigkeit für unsere Kinder und kommenden Generationen zu vertrödeln, aber alleine schaffe ich das nicht.
Mein Traum wäre ein Leuchtturmprojekt im Prinz-Eugen Park in Sachen Energieeffizienz, Fernwärmeoptimierung, Stromverbrauchsoptimierung, Reduzierung der Lichtverschmutzung etc. Wir haben hier eine super Vernetzung, eine Quartiersorganisation, eine engagierte Nachbarschaft mit Arbeitskreisen, gute Multiplikationseffekte durch einen ähnlichen Baufeldaufbau und eine ausreichend große kritische Masse. Dafür würde ich gerne die SWM ins Boot holen, die Quartiersverwaltung, die Stadt München, ggf. Verbrauchervertreter, den Bund Naturschutz, die Politik, die Bewohnerinnen und Bewohner. Was wir hier erarbeiten, könnte eine Blaupause werden für andere Wohnquartiere hier in München und auch darüber hinaus.
Das Quartier Prinz-Eugen-Park bei Tag
Rot ist umrahmt das Baufeld „Gemeinsam größer II“ von Thomas Hirts WEG.
Foto: Peter Villain
Das Quartier Prinz-Eugen-Park bei Nacht
Das Baufeld verursacht (bei mittlerer Dimmung der Hofbeleuchtung) deutlich weniger Lichtverschmutzung als andere Teile des Quartiers.
Foto: Peter Villain