Geothermie: Den Schatz aus der Tiefe sinnvoll nutzen
08.03.2023 | München und die Region sitzen auf einem großen Schatz: Tief unter der Erde befindet sich ein riesiger Vorrat an heißem Thermalwasser. Die SWM gewinnen daraus umweltfreundliche Fernwärme – oder auch Nahwärme. Aber was ist Geothermie eigentlich und welche Vor- und Nachteile gibt es? Hier erfahren Sie es.
Die bayerische Landeshauptstadt und ihr Umland verfügen über eine eigene nachhaltige Wärmequelle: Geothermie. In 2.000 bis über 3.000 Metern Tiefe liegen wasserführende Schichten, die vom Erdinneren aufgeheizt werden. Dieses heiße Wasser lässt sich zur Erzeugung von Fernwärme und damit zum Heizen nutzen. Ein Glück, denn für eine klimaneutrale Zukunft benötigen wir nicht nur erneuerbar produzierten Strom, sondern auch nachhaltig erzeugte Wärme. Schließlich wird über die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Energie für die Produktion von Wärme und Kälte verwendet. In Privathaushalten sind es sogar knapp 90 Prozent für Heizen und Warmwasser.
Was ist Geothermie?
Der Begriff Geothermie bezeichnet Wärmeenergie, die unterhalb der festen Erdoberfläche gespeichert ist. Kurz gesagt: Geothermie ist Erdwärme. Je tiefer man bohrt, desto wärmer wird es. Die Energie aus Geothermie lässt sich zum Heizen, Kühlen und zur Stromerzeugung nutzen. Dabei wird zwischen oberflächennaher und tiefer Geothermie unterschieden:
- Oberflächennahe Geothermie nutzt Erdwärme aus bis zu 400 Metern Tiefe. Denn schon ab einer Tiefe von 50 bis 100 Metern ist die Temperatur ganzjährig konstant. Wärme aus oberflächennaher Geothermie kann zum Beispiel Ein- und Mehrfamilienhäuser beheizen oder im Sommer Gebäude kühlen.
- Bei Tiefengeothermie wird Erdwärme genutzt, die zwischen 400 Meter und mehrere Kilometer tief unter der Erde liegt. Tiefe Geothermie kann ganze Stadtviertel mit Wärme oder Strom versorgen.
Wie funktioniert Tiefengeothermie?
Um Geothermie zu nutzen, wir über Bohrungen heißes Thermalwasser an die Oberfläche gepumpt und über Wärmetauscher geleitet. Die dabei entzogene Energie wird auf das Fernwärmenetz übertragen, das abgekühlte Wasser über Injektionsbohrungen wieder zurückgeführt. Klicken Sie sich im Bild durch die einzelnen Stationen, die das Thermalwasser für die Gewinnung umweltfreundlicher Wärme nimmt:
In einer Geothermieanlage wird die Erdwärme über einen Wärmetauscher an ein zweites Kreislaufsystem abgegeben.
Die gewonnene Wärme fließt als Fernwärme ins Haus. Sie ist immer noch stark genug, um ihre Energie an den Heizkreislauf des Gebäudes abzugeben – so werden Heizungen und Badewasser warm.
Um Geothermie zu gewinnen und zu nutzen, wird Thermalwasser über ein Rohr aus der Erde nach oben gepumpt. Je tiefer die Erdschicht, desto heißer das Wasser.
Übrigens: Das Wasser aus der Erde verlässt den Kreislauf nie. Wenn es abgekühlt ist, gelangt es durch ein zweites Bohrloch zurück in die Tiefe.
Eine Geothermieanlage kann so ganze Stadtteile mit Wärme versorgen.
Wie funktioniert oberflächennahe Geothermie?
Neben der Erdwärme aus der Tiefe kann man auch oberflächennahe, geothermische Quellen wie beispielsweise Grundwasser erschließen und daraus Wärme und Kälte gewinnen.
Das funktioniert so:
- Das Grundwasser wird durch Förderbrunnen an die Oberfläche gepumpt und beispielsweise durch ein Nahwärmenetz an die angeschlossenen Haushalte verteilt.
- In den angeschlossenen Gebäuden entzieht eine Wärmepumpe dem Grundwasser die thermische Energie und hebt das Temperaturniveau für Heizung und Warmwasser an – oder nutzt sie zur Kühlung.
Alternativ kann auch über eine zentrale Wärmepumpenanlage ein gesamtes Quartier mit bereits aufgeheiztem bzw. abgekühltem Wasser versorgt werden. - Im Anschluss strömt das Grundwasser über einen Schluckbrunnen zurück ins Erdreich. Es ist nach der Nutzung lediglich geringfügig kälter bzw. wärmer als bei der Entnahme. Nach der Rückleitung in den Untergrund regeneriert sich das Grundwasser wieder und gilt damit als erneuerbare Wärme- und Kältequelle.
Geothermie: Vor- und Nachteile im Überblick
Vorteile
- Klimafreundlich: Beim Umwandeln von Erdwärme in Strom oder Nutzwärme entsteht deutlich weniger CO2 als bei der Energiegewinnung mit Kohle und anderen fossilen Rohstoffen.
- Unbegrenzt vorrätig: Erdwärme ist unerschöpflich vorhanden. Fossile Energieträger wie Erdöl oder Erdgas gehen dagegen langsam, aber sicher zur Neige.
- Konstant: Erdwärme ist rund um die Uhr verfügbar. Im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energiequellen wie Wind, der nicht immer weht, oder Sonne, die nicht immer scheint.
- Effizient: Bei der Wärmeproduktion mit Geothermie geht kaum Wärmeenergie verloren.
- Platzsparend: Im Vergleich zu herkömmlichen Öl- oder Gasheizungen sind Erdwärme-Anschlussstationen bei den Verbraucher*innen deutlich kleiner.
- Vielseitig: Ist das geförderte Wasser heiß genug, lässt sich damit auch Strom produzieren. Mithilfe von Absorptionskälteanlagen kann mit Geothermie auch Kälte erzeugt werden.
Nachteile
- Kostenintensiv: Der Bau einer neuen Geothermieanlage ist mit hohen Kosten verbunden.
- Nicht überall nutzbar: Nur wenige Regionen in Deutschland erfüllen die Voraussetzungen für die Stromproduktion mit Geothermie.
- Aufwendig: Oft ist das benötigte Temperaturniveau erst in tieferen Erdschichten zu finden. Dann sind aufwendige Vorarbeiten wie tiefe Erdwärmebohrungen erforderlich.
Diese Geothermie-Anlagen betreiben die SWM
Das Münchner Fernwärmenetz erstreckt sich über gut 900 Kilometer und wird immer weiter ausgebaut. Die SWM betreiben sechs Geothermieanlagen in der Region München, darunter Deutschlands derzeit größte Geothermie-Anlage in Sendling. Unser Ziel ist, Münchens Bedarf an klimafreundlicher Fernwärme bis spätestens 2040 zu decken.
Wie wird Geothermie in München noch eingesetzt?
Geothermie dient in und um München nicht nur der Wärme- und Stromerzeugung. Ein Beispiel dafür, wie die SWM die Energie aus der Erde noch einsetzen:
- Neben der Erdwärme aus der Tiefe kann man auch geothermische Quellen wie beispielsweise Grundwasser erschließen, um daraus Wärme und Kälte zu gewinnen. So nutzen wir Grundwasser aus sogenannten U-Bahn-Dükern, um München mit Fernkälte
zu versorgen. In den unterirdischen Bauwerken wird kaltes Grundwasser gesammelt, unter den U-Bahn-Anlagen hindurchgeleitet und anschließend in einem geschlossenen Kreislauf zur Kühlung verwendet. Mithilfe dieser "CO2-armen Fern-Klimaanlage" werden dann in den heißen Sommermonaten zum Beispiel Bürogebäude oder Privatwohnungen gekühlt. - Für ein neues Bürogebäude an der Balanstraße bauen die SWM eine Geothermieanlage, die mit Fernwärme und oberflächennahem Grundwasser sowohl Wärme als auch Kälte bereitstellt. Dabei wird Grundwasser aus 15 bis 20 Meter tiefen Förderbrunnen entnommen, in die Kundenanlage geleitet und dort mittels Wärmepumpen erwärmt oder zur Kühlung genutzt. Anschließend gelangt es über Schluckbrunnen zurück in die Erde. So ist die Energie des Grundwassers dreifach nutzbar: für die Gebäudekühlung, als Wärmequelle und für die Rückkühlung der Kältemaschinen.